Für ein Recht auf Schweigen – Schweigepflicht ist kein Verbrechen!

13 Nov von admin

Für ein Recht auf Schweigen – Schweigepflicht ist kein Verbrechen!

Das BfZ dokumentiert an dieser Stelle eine Stellungnahme des jungen DBSH – Nachwuchsorganisation für Mitglieder des Deutschen Berufsverbandes für Soziale Arbeit:

Für ein Recht auf Schweigen – Schweigepflicht ist kein Verbrechen!

In der aktuellen Verhandlung gegen drei angeklagte Sozialarbeitende nimmt der Junge DBSH eine klare und unmissverständliche Position ein: Die Verurteilung der Kolleg*innen wegen versuchter Strafvereitelung und unberechtigter Zeugnisverweigerung ist ein massiver Angriff auf die berufsethischen Grundsätze und die Zukunft der Sozialen Arbeit. Diese Entscheidung des Gerichts verurteilen wir scharf und fordern erneut eine umfassende rechtliche Absicherung des Zeugnisverweigerungsrechts für Sozialarbeitende. Das Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 28. Oktober 2024 hat weitreichende Konsequenzen für die betroffenen Fachkräfte und erschüttert das Vertrauen in die Verschwiegenheitspflicht, auf die die Soziale Arbeit angewiesen ist. Besonders junge Fachkräfte und Berufseinsteiger*innen stehen nun vor einem schwierigen Dilemma, da sie dringend auf klare ethische Leitlinien und rechtliche Sicherheit angewiesen sind.

Konkrete Auswirkungen auf das Studium und junge Fachkräfte

Das Fehlen eines rechtlich abgesicherten Zeugnisverweigerungsrechts hat direkte und
gravierende Auswirkungen auf das Studium der Sozialen Arbeit und die berufliche Entwicklung
junger Fachkräfte:

  1. Unsicherheit während des Studiums: Studierende der Sozialen Arbeit sind in ihrem Studium zunehmend mit Unsicherheiten konfrontiert, wenn sie über den Umgang mit vertraulichen Informationen und die Konsequenzen ihrer beruflichen Entscheidungen nachdenken. Diese Unsicherheiten erschweren es den Studierenden, sich kritisch mit sensiblen Themen auseinanderzusetzen, was ihre fachliche und persönliche Entwicklung beeinträchtigt.
  2. Ethische Dilemmata im Praktikum: Im Rahmen der studienintegrierten Pflichtpraktika stehen angehende Sozialarbeitende häufig vor der Herausforderung, das Vertrauen ihrer Klient*innen zu gewinnen. Das Risiko, dass diese Vertraulichkeit rechtlich gefährdet wird, zwingt sie dazu, weniger offen und empathisch zu agieren. Dies beeinträchtigt nicht nur die Qualität der Betreuung, sondern hat auch negative Auswirkungen auf das Lernumfeld im Praktikum.
  3. Berufseinstieg und -attraktivität: Die Unsicherheit über die rechtlichen Rahmenbedingungen mindert die Attraktivität des Berufsfeldes Sozialer Arbeit für Absolvent*innen. Junge Fachkräfte werden sich nicht mehr für die Arbeit in Bereichen gewinnen lassen, in denen sie mit potenziell straffälligen Klient*innen arbeiten könnten.
  4. Langfristige Folgen für die Profession: Diese Unsicherheiten könnten dazu führen, dass junge Fachkräfte von der Sozialen Arbeit Abstand nehmen, was langfristig zu einem noch größerem Mangel an qualifizierten Sozialarbeitenden führt. Ein Rückgang der Professionalisierung und der Anerkennung des Berufes gefährdet die Qualität aller Bereiche in der Sozialen Arbeit.

Eine Verurteilung wie diese setzt einen gefährlichen Präzedenzfall und entfaltet eine abschreckende Wirkung auf zukünftige Sozialarbeitende und Berufseinsteiger*innen. Wer sich für den Beruf entscheidet, muss darauf vertrauen können, in seiner Arbeit geschützt zu sein und nicht zwischen beruflicher Integrität und rechtlichen Konsequenzen wählen zu müssen. Eine solche Verurteilung schwächt die Soziale Arbeit als Profession und führt zu einem immensen Vertrauensverlust in die Leistungsfähigkeit und Integrität von Sozialarbeitenden. Eine elementare Grundlage der Sozialen Arbeit sind stabile Vertrauensverhältnisse; ein Urteil dieser Art signalisiert, dass dieses Vertrauen jederzeit durch rechtliche Zwangsmaßnahmen gebrochen werden kann. Für Nachwuchskräfte, die ihre berufliche Identität aufbauen, ist dies ein verheerendes Signal, das die langfristige Entwicklung der Profession ernsthaft gefährdet.

In Anbetracht dieser Aspekte fordert der Junge DBSH eine klare gesetzliche Verankerung des Zeugnisverweigerungsrechts für Sozialarbeitende. Diese Absicherung ist unverzichtbar, um die professionelle Integrität zu wahren und den Fachkräften eine verlässliche Grundlage für ihre Arbeit zu bieten. Nur durch eine gesetzliche Normierung des Zeugnisverweigerungsrechts können Sozialarbeitende auch zukünftig ihrer Verpflichtung zur Verschwiegenheit nachkommen, ohne Angst vor rechtlichen Konsequenzen haben zu müssen.

Das aktuelle Urteil stellt einen entscheidenden Testfall für die Soziale Arbeit als Profession und ihre Zukunft dar. Es schadet nicht nur den betroffenen Fachkräften, sondern destabilisiert die gesamte Profession und schreckt künftige Generationen ab. Der Junge DBSH steht fest an der Seite der angeklagten Sozialarbeitenden und fordert eine umfassende rechtliche Absicherung des Zeugnisverweigerungsrechts.

Die Stellungnahme können Sie auch hier herunterladen.

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